Haben Sie sich schon einmal gefragt, was Ihrem Lieblingsbier seinen besonderen Geschmack verleiht? Die Antwort liegt in etwas Kleinem, aber Kräftigem verborgen: der Hefe! Dieser kleine Tausendsassa erledigt die ganze Arbeit hinter den Kulissen und verwandelt die Zuckermaische in jenes Gebräu, das wir so lieben.
In der Welt des Bieres ist die Hefe so etwas wie ein geheimer Dirigent. Jeder Stamm bringt seine eigene Note in die Party ein. Zunächst „frisst“ sie den Malzzucker – stellen Sie sich einen mikroskopisch kleinen Pac-Man vor, der das alles in Alkohol und CO2 umwandelt. Deshalb sprudelt Ihr Bier und steigt Ihnen ein bisschen zu Kopf!
Aber das ist noch nicht alles. Während sie in der Maische schmaust, stellt unsere kleine Hefe auch eine ganze Reihe von Molekülen her, die Ihrem Bier Charakter verleihen.
Nehmen Sie zum Beispiel belgische Biere. Diese fruchtigen und würzigen Noten, die Sie an die Terrassen von Brüssel denken lassen? Dazu braucht es keine Früchte oder Gewürze – es ist nur die Hefe, die ihr Ding durchzieht! Und wenn Sie diesen leichten Bananengeschmack in Ihrem deutschen Bier schmecken, ist es wieder unsere liebe Hefe Weihenstephan, die ihren Spass hat.
Die Geschichte der Hefe
Bevor Wissenschaftler herausgefunden haben, wie es funktioniert, hüteten die Brauer ihre Tanks wie Schätze und entwickelten unwissentlich je nach Region einzigartige Bierstile.
Der große Wendepunkt war Louis Pasteur im Jahr 1857. Er entdeckte, dass die Gärung das Werk von lebenden Organismen ist: der Hefe.
Kurz darauf, im Jahr 1883, identifizierte Emil Christian Hansen, der für Carlsberg (ja, die Biermarke!) arbeitete, den ersten reinen Stamm der Lagerhefe. Diese Hefe wurde Saccharomyces carlsbergensis (heute bekannt als S. pastorianus) genannt und wird auch heute noch verwendet.
Doch einige Unbelehrbare widersetzen sich nach wie vor der „Domestizierung“ der Hefe. In Brüssel machen es die Lambic-Brauer immer noch wie in alten Zeiten: Sie lassen ihr Bier die wilden Hefen fangen, die in der Luft herumschwirren. Ein bisschen verrückt, oder? Aber es funktioniert!
Heutzutage haben Brauer Zugang zu Hefebanken, in denen Tausende verschiedener Stämme aufbewahrt werden. Einige stammen aus historischen Brauereien, andere werden im Labor gezüchtet. Es ist ein bisschen wie eine Bibliothek der Geschmacksrichtungen!
Die Hefe – das Schweizer Taschenmesser des Bieres.
Sie beeinflusst den Geschmack, die Aromen und das Mundgefühl an.
Amerikanische Hefen sind eher der zurückhaltende Typ und lassen den Hopfen und die Malze in IPAs ihre grosse Show abziehen. Englische Hefen fügen eine fruchtige Note hinzu, die super mit den Malzen harmoniert. Und was ist mit den Lagerhefen? Sie arbeiten ruhig und kühl, um uns die sauberen Biere zu bescheren, die wir so lieben.
Die Temperatur spielt auch eine sehr wichtige Rolle. Es ist, als ob die Hefe je nach Wärme unterschiedliche Launen hat:
- In kühler Umgebung (etwa 10-15°C) arbeitet sie ruhig und liefert geschmacklich „sauberere“ Biere wie Lagerbiere.
- Bei Wärme (ca. 20-25°C) dreht sie etwas auf und holt ihr ganzes Repertoire an Aromen hervor, perfekt für belgische Biere.
Und dann gibt es noch die verschiedenen Hefefamilien:
- Die „Ale“-Hefen (Saccharomyces cerevisiae), das sind die extrovertierten, die bei Raumtemperatur arbeiten.
- Die „Lager“-Hefe (Saccharomyces pastorianus), eher der Typ, der sich an einem kühlen Ort Zeit lässt.
- Die wilden Hefen (wie Brettanomyces), die Rebellen, die den Bieren einen etwas funkigen Geschmack verleihen.
Jeder Hefestamm hat auch seine eigene Persönlichkeit, was die Dämpfung (wie viel Zucker er „essen“ kann) und die Ausflockung (wie er sich zusammenballt und nach getaner Arbeit zu Boden sinkt) angeht. Manche lassen das Bier supertrocken, andere behalten etwas mehr Körper.
Zu viel Hitze, nicht genug Nährstoffe oder eine zu hohe Alkoholkonzentration, und sie fangen an, seltsame Aromen zu produzieren – manchmal bis hin zum Geschmack von unreifen grünen Äpfeln oder sogar ranziger Butter!
Deshalb hegen und pflegen Brauer ihre Hefen wie Stars: die richtige Temperatur, die richtigen Nährstoffe und vor allem viel Aufmerksamkeit. Denn am Ende entscheidet sie, ob Ihr Bier ein Meisterwerk oder nur ein mittelmässiges Bier wird. Auch die Brauer sind ein bisschen verrückt geworden (im positiven Sinne!): Sie testen Weinhefen, wilde Hefen, sie mischen alles zusammen … Das Ergebnis? Biere mit Aromen, die wir noch nie zuvor geschmeckt haben!
Wenn Sie das nächste Mal an einem Bier nippen, denken Sie ein wenig an diese winzigen Helferinnen. Es ist verrückt zu sehen, wie etwas so Kleines so viel Einfluss auf unsere Biere haben kann! Also erheben wir unsere Gläser auf die Hefe – das kleine Tier, das grosse Biere macht!
Nicht schlecht für eine Mikrobe, oder?